Zitat des Monats – Gertrude Stein

 „Ich sagte damals daß Sätze wie sie seit Jahrhunderten geschrieben worden sind ein Halten von Gleichgewicht seien ein vollkommenes inneres Gleichgewicht von etwas das etwas als existierend feststellt und daß ein Absatz eine Aufeinanderfolge dieser Sätze sein die fortschreitend und dann haltmachend den emotionalen Gehalt von etwas ergibt das einen Anfang und eine Mitte und ein Ende hat. Sätze haben ihren Raum in sich selbst und alles das seinen Raum wirklich in sich selbst hat hat weder Anfang noch Mitte noch Ende, alle vermögen das zu wissen wenn sie nur irgend etwas in irgendeinem Augenblick ihres Lebens wissen, kurz wenn sie irgend etwas wissen. Wie wissen sie etwas, nun Sie wissen etwas als vollkommendes Wissen als etwas das sie vollkommen in sich haben im Augenblick da Sie es tatsächlich in sich haben. Das ist es was Wissen ist, und im wesentlichen ist Wissen daher nicht eine Aufeinanderfolge sondern ein unmittelbares Existieren. Alle diese Dinge sind also wie sie sind und wir kommen darauf zurück was Poesie und Prosa ist und aus welchem Grund und was das alles mit Erzählung zu tun hat und ob irgendeine Art Erzählung jetzt existiert und warum.“

Aus: Gertrude Stein: Erzählen. Vier Vorträge. (1935) Übertragen von Ernst Jandl. Suhrkamp Verlag, Ff./M. 1971, S. 43


 
 
 

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