Zitat des Monats – Norma Marcos

Drei Jahre lang habe ich recherchiert, Frauen interviewt und die gesamte Literatur gelesen, die über palästinensische Frauen geschrieben worden ist. Erst nach dieser Vorlaufzeit fühlte ich, dass ich mich in die richtige Richtung bewegte, und konnte sicher sein, dass meine Gesprächspartnerinnen mir vertrauten. Sonst hätten sie mir niemals ihre wahren Geschichten erzählt, sondern wären an der Oberfläche gelebt geblieben. Dokumentarfilm ist eine Kunstform, die durchaus Fantasie benötigt. Viel sogar, denn das Drehbuch ist nur Richtschnur. Man muss ständig auf unvorhersehbare Ereignisse gefasst sein. Spontaneität ist gefragt. Tatsachen dürfen nicht bloß veranschaulicht werden, sondern müssen auch künstlerisch umgesetzt werden, zum Beispiel durch Symbole. Die Szene in meinem Film, in der die Frauen sich traditionelle Kleider anziehen, hat symbolhaften Charakter. (…) Diese Szene beinhaltet außerdem noch viel Ironie: die Frauen waren einerseits sehr stolz auf ihre traditionellen Kleider, andererseits machten sie sich für eine Modenschau zurecht – ein gänzlich westliches Phänomen. Sie emittierten also den Westen und waren zugleich stolz auf ihre eigenen Traditionen? Ich war glücklich, dass wenigstens einige wenige Zuschauer die Symbolik dieser Szene erkannt haben.

Norma Marcos erzählt. In:Rebecca Nillauer: Freiräume – Lebensträume. Arabische Filmemacherinnen. Arte Edition. Horlemann Verlag 200, S. 190


 
 
 

Kommentar abgeben: